BAG v. 14.2.2017 zum Zeugnisrecht

BUNDESARBEITSGERICHT Beschluss vom 14.2.2017, 9 AZB 49/16

Eine neue Entscheidung des Bundesarbeitsgericht zum Zeugnisrecht, welcher der folgende Sachverhalt zugrundelag: Arbeitnehmer und Arbeitgeber schlossen vor dem Arbeitsgericht im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses einen Vergleich. Es wurde u. a. vereinbart:

„Die Beklagte erteilt dem Kläger ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis mit einer sehr guten Führungs- und Leistungsbeurteilung und einer Bedauerns-, Dankes- und gute Wünscheformulierung im Schlusssatz.“

Der Arbeitgeber erteilte daraufhin ein Arbeitszeugnis, das den Arbeitnehmer nicht überzeugte. Dieser war der Meinung, aus dem Wortlaut des Zeugnisses ergebe sich keine sehr gute Leistungs- und Führungsbeurteilung und das Zeugnis weise insgesamt strukturell und inhaltlich große Mängel auf. Er forderte deshalb den Arbeitgeber auf, das Zeugnis inhaltlich zu ändern, was dieser ablehnte.
Der Arbeitnehmer versuchte nun, seinen – vermeintlichen – Zeugnisberichtigungsanspruch im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen, wogegen sich der Arbeitgeber mit dem Rechtsmittel der sofortige Beschwerde gewehrt hat.
Mit Erfolg, wie das BAG nun letztinstanzlich festgesellt hat. Zur Begründung wird ausgeführt, dass ein Vollstreckungstitel, der den Arbeitgeber zur Erteilung eines Zeugnisses verpflichtet, dessen Inhalt einer bestimmten Notenstufe entspricht, nicht den zwangsvollstreckungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen genügt. Es bleibt Sache des Arbeitgebers, das Zeugnis im Einzelnen abzufassen, wobei die Formulierung in seinem pflichtgemäßen Ermessen steht. Anders als bei der Verpflichtung, ein Zeugnis gemäß einem Entwurf des Arbeitnehmers zu erteilen, lässt die Vereinbarung einer bestimmten Notenstufe dem Arbeitgeber einen derart weiten Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Auswahl und Gewichtung einzelner Gesichtspunkte, des Umfangs des Zeugnistextes sowie der Formulierung der Leistungs- und Führungsbeurteilung, dass von einem konkreten Leistungsbefehl, der die Grundlage einer mit staatlichen Zwangsmitteln zu vollziehenden Vollstreckung bildet, nicht die Rede sein kann. Wollte man anders entscheiden, hätte es der Arbeitnehmer in der Hand, durch die ungenaue Formulierung seines Leistungsbegehrens den Streit in das Vollstreckungsverfahren zu verlagern, in dem sich der Arbeitgeber unter der Androhung von Zwangsmaßnahmen seitens des Vollstreckungsgerichts unklaren Handlungspflichten ausgesetzt sähe.
Der Arbeitnehmer muss nun unter Hinweis auf die im Kündigungsschutzprozess versprochene Beurteilung eine neue Klage auf Zeugnisberichtung vor dem Arbeitsgericht erheben.
Fazit: Wer in einem gerichtlichen Vergleich eine Regelung zum Zeugnisinhalt vereinbart, sollte nicht nur die Zeugnisnote bestimmen, sondern besser auch vereinbaren, dass der Arbeitnehmer berechtigt ist, einen Entwurf zu stellen, von dem der Arbeitgeber nur aus gewichtigem Grund abweichen darf. Eine auf diese Art formulierte Klausel eröffnet dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, seinen Anspruch direkt und ohne neuerliche Klage im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen.